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Wintersemester 2022/23 | Vorbereitungsseminar

Aktuelle und grundlegende Probleme des Vergaberechts

Das angebotene Seminar wird als Blockseminar abgehalten. Als Termine sind bislang geplant:

  • Freitag, 7. 10. 2022, 12-13.30 (Vorstellung des Seminars und Besprechung der Themen)
  • Freitag, 14. 10. 2022, 12-13.30 (Kurzer Überblick über das Vergaberecht)
  • Freitag 21. 10. 2022, 10-11.30 (Hinweise zum wissenschaftlichen Arbeiten)
  • 20. 01.2023 10 – 13 Uhr (Referate und deren Diskussion)

Raum: Sibille-Hartman-Str. 2-8, 50969 Köln, Seminarraum 0.103

Teilnehmeranzahl: höchstens 15

Das Vergaberecht ist ein verhältnismäßig junges Rechtsgebiet. Es regelt – grob gesagt – die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand an private Wirtschaftsteilnehmer hinsichtlich der wesentlichen Rahmenbedingungen, des Verfahrens zur Auswahl eines Vertragspartners und des Abschlusses eines Vertrages sowie des Rechtsschutzes. Das Vergaberecht dient damit der Kontrolle staatlicher Macht auf dem Markt, wenn dieser als wirtschaftender Akteur auftritt. Es soll u. a. verhindert werden, dass der Staat durch seine Nachfragetätigkeit den Wettbewerb zwischen Unternehmen auf einem Markt verzerrt. Zugleich soll der auf wirtschaftlichen Kriterien beruhende rechtliche Beurteilungsansatz in Übereinstimmung gebracht werden mit dem im Grundsatz anerkannten Interesse des Staates, mit der Vergabe seiner Aufträge zugleich auch politische Ziele oder Interessen zu verbinden. Vergaberecht kann als Teil des Marktordnungsrechts verstanden werden, denn es geht im Kern um Wirtschaftsrecht, denn im Zentrum stehen der Markt und das Private. Der Staat wird insoweit „nur“ in seiner Funktion als Marktteilnehmer oder als Souverän über den Marktordnungsrahmen angesehen (privatrechtlicher Deutungsansatz). Hält man sich vor Augen, dass der Staat mit Abstand der größte Auftraggeber und der größte Nachfrager in Deutschland ist, so liegt die überragende wirtschaftliche Bedeutung des Vergabewesens auf der Hand, und ebenso deutlich ist, dass die rechtliche Befassung mit diesen Themen in der Praxis von größter Relevanz ist. Ganz im Gegenteil dazu steht das Angebot von Vergaberecht an den deutschen Universitäten. Leider ist es sehr klein …

Mit dem Vorbereitungsseminar zum Vergaberecht soll an der Kölner Fakultät die Gelegenheit gegeben werden, das Vergaberecht ein wenig kennenzulernen und vielleicht bestehende Vorurteile und Fehleinschätzungen abzubauen und sich im besten Fall von einem vielfältigen und spannenden Rechtsgebiet begeistern zu lassen. Denn wie bei kaum einem Rechtsgebiet lässt sich juristische dogmatisches Arbeit so leicht und so eng mit allgemein interessierenden (politischen) Fragestellungen verbinden wie im Vergaberecht. Dies lässt sich an vielen, derzeit kontrovers beurteilten Themen veranschaulichen: Warum dauert es so lange bis die Leverkusener Brücke endlich fertig wird, und wie kann es sein, dass erst während des Baus bemerkt werden konnte, dass die Stahlträger desjenigen, der mit dem Projekt betraut worden ist, offenbar nur aus minderwertigem Material bestanden? Wir wollen mehr Nachhaltigkeit, aber können wir uns das überhaupt leisten? – Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, geht das im Vergabeverfahren? Unsere Schule sieht aus wie eine Bruchbude – wie soll ich meinem Kind erklären, warum es so lange dauert, bis alle Toiletten in der Schule wieder erneuert werden? Kölner Klüngel oder „Echte Fründe ston zesamme, su wie ene Jott un Pott“ – kluge Lebensweisheit oder vergaberechtliches Problem?

Mit diesen und anderen rechtlichen Problemen (s. die Auswahl von Referatsthemen am Ende der Ankündigung) wollen wir uns mit Hilfe von Referaten, die von Ihnen schriftlich vorbereitet und dann mündlich vorgetragen werden sollen, beschäftigen.

In dem Vorbereitungsseminar soll also auf der Grundlage von Referaten zu aktuellen und grundlegenden Themen des Vergaberechts und deren eingehende Diskussion eine Annäherung an einen Rechtsstoff erfolgen, der ideal ist, um als Anfänger sich dem wissenschaftlichen Arbeiten und den dazu erforderlichen Methoden zu nähern. Ganz wichtig! Es werden keine Kenntnisse im Vergaberecht vorausgesetzt. Erwünscht ist allerdings die Bereitschaft, sich mit diesem Rechtsgebiet auseinanderzusetzen und aktiv an den Diskussionen teilzunehmen. Hingewiesen werden soll zudem auf die in diesem Semester ebenfalls stattfindende Vorlesung zum Beihilfen- und Vergaberecht. Sie findet in geblockter Form an vier Freitagen von jeweils 14-17:30 Uhr statt: 09./16.12.2022 und 13./27.01.2023.

Vergaberecht lebt durch die Anwendungspraxis. Ich freue mich daher sehr, dass sich die wohl bekannteste Anwältin im Vergaberecht, Frau Dr. Ute Jasper, bereit erklärt hat, am 20.01.2023 an dem Blockseminar teilzunehmen. Damit besteht für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars die außergewöhnlich seltene Gelegenheit, die im Rahmen der wissenschaftlichen Befassung mit den Themen des Vergaberechts durch sie herausgearbeiteten Ergebnisse unmittelbar durch die Brille der Praxis betrachtet zu bekommen und zugleich etwas über die praktische Arbeit von Vergaberechtlerinnen und Vergaberechtlern zu erfahren.

Als Themen für Referate (ungeordnete Reihenfolge) sind u. a. vorgesehen: Das Problem der Dauer des Vergabeverfahrens – Abhilfe in Sicht? Auswirkungen der EU-Vorgaben auf das für „Unterschwellen-Vergabeverfahren“ anwendbare Recht; Die Entwicklung des EU-Vergaberecht – wo kommt es her, wo entwickelt es sich hin? Die losweise Vergabe; Was sind Eignungskriterien? Wer stellt sie auf und welche rechtlichen Probleme gibt es mit ihnen?; „Softe“ Zuschlagskriterien; Die rechtliche Behandlung von Bietergemeinschaften; Der Einsatz von Nachunternehmern im Vergaberecht; Möglichkeiten und Grenzen der Anpassung der Leistungsbeschreibung auch nach Angebotsöffnung; Die Beachtung von Nachhaltigkeit im Vergaberecht; Schadensersatz im Vergabeverfahren; Förderung von politischen Zielen durch die Vergabe von öffentlichen Aufträgen?; Die Auswahl des „richtigen“ Bieters; Die Bedeutung des Wettbewerbsregisters für die Vergabe – ein Pranger in der Marktordnung? Die Rahmenvereinbarung im Vergaberecht; Die Aufhebung im Vergabeverfahren – passendes Instrument für die Vergabe in „unruhigen Zeiten? Die freihändige Vergabe – Vor- und Nachteile; „Lasst den Staat doch machen! – Probleme der Beachtung von Individualinteresse als Hemmschuh der wirtschaftlichen Entwicklung? Rechte des geistigen Eigentums und Vergaberecht; „Das geht euch gar nichts an! – Vergaberecht in sensiblen Bereichen (Militär, Geheimdienste, Polizei)“